Hilfswerk für Contergangeschädigte e.V. Hamburg

 

Wir möchten unseren Besuchern in erster Linie einen Überblick bzw. Einblick vermitteln über das, was unser Verband bisher geleistet hat und welchen Aufgaben er sich widmet. Dabei fokussieren wir uns in erster Linie auf die Aktivitäten des HICOHA. Alle weiteren wichtigen Informationen im Zusammenhang mit dem Contergan-Skandal, der Historie, des Contergan-Prozesses und Prozessbetruges etc. stellen wir unseren Besuchern im Wesentlichen über Links auf andere Webseiten, Blogs, Videos usw. zur Verfügung. Möge sich jeder ein eigenes Bild machen und sich beim Stöbern auf unserer neuen Homepage kundig machen.

Am 24. Oktober 1962 wurde in Hamburg das Hilfswerk für vorgeburtlich geschädigte Kinder e.V. gegründet. Es war ein Zusammenschluss von Eltern aus Norddeutschland, deren Kinder schwere Missbildungen an den Gliedmaßen und den äußeren und inneren Organen aufwiesen. Die Kinder waren Opfer des größten Arzneimittel-Skandals in der deutschen Geschichte: Ihre Mütter hatten während der Schwangerschaft das vermeintlich harmlose Schlaf- und Beruhigungsmittel CONTERGAN des Pharma-Unternehmens Grünenthal eingenommen.

Der Verein gab den Eltern Hilfestellung in dem Bemühen, ihre Kinder in die Gesellschaft zu integrieren und sie auf ein eigenständiges Leben vorzubereiten. Konflikte mit Behörden und Institutionen, die sich weigerten, z. B. den Besuch einer Regelschule zu ermöglichen oder notwendige therapeutische Maßnahmen zu tragen, waren keine Ausnahme.

Daneben wurde der 1963 gegründete Bundesverband darin unterstützt, für die durch Contergan geschädigten Kinder eine Entschädigung vom Unternehmen Grünenthal zu erstreiten. Dies gelang aber nur teilweise. Der aufwendige und langjährige Prozess endete 1970 mit einem Vergleich, der nach heutigen Maßstäben geringe Entschädigungszahlungen und niedrige monatliche Renten für die Betroffenen vorsah, gleichzeitig aber auch die für die Tragödie verantwortliche Firma Grünenthal von allen künftigen Ansprüchen freistellte. Im Vergleich dazu hat Grünenthal jüngst eine Klage einer geschädigten Frau in Australien verloren und muss der Geschädigten einen Betrag in Millionenhöhe als Entschädigung leisten.

Die ehrenamtliche Tätigkeit im Verein wurde von den Eltern mit sehr viel Engagement neben ihrer beruflichen Tätigkeit erbracht. Stellvertretend sei Herr Norbert Allary, Vater einer 1962 ohne Arme geborenen Tochter, genannt, der über 30 Jahre als 1. Vorsitzender den Verein führte.

Anfang 1980, die „Kinder“ waren längst erwachsen, erhielt der Verein seinen jetzigen Namen Hilfswerk für Contergangeschädigte e.V. (kurz HICOHA) und auch die Vorstandsarbeit wurde nach und nach von den Betroffenen selbst übernommen. Heute betreut der Verein rund 160 Mitglieder in Hamburg, dem angrenzenden Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Immer noch ist Rat gefragt bei der Durchsetzung von berechtigten Ansprüchen z. B. in der Heil- und Hilfsmittelversorgung oder scheinbar so profanen Dingen wie zum Beispiel der Beantragung eines Schwerbehinderten-Parkausweises, einer Arbeitsassistenz und weiteres.

Die Contergangeschädigten sind jetzt alle über 50 Jahre alt. Zu den vorgeburtlichen Schädigungen treten Spät- und Folgeschäden hinzu, verursacht durch die jahrzehntelangen Fehlbelastungen von Wirbelsäule, Gelenken und Muskulatur. Viele Betroffene waren bis 2013 auf Sozialleistungen angewiesen und konnten ihren Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten. Die Versorgung mit dringend notwendigen Heil- und Hilfsmitteln erforderte viel Kraft im Hürdenlauf bei Behörden und Kostenträgern. Hinzu kamen erhebliche Rentenlücken dadurch, dass Contergangeschädigte erst gar nicht in ein Erwerbsleben eintreten konnten oder aufgrund der Folgeschäden dieses vorzeitig beenden und Frührente beantragen mussten.

Erst 2013 gelang es dank eines zuvor ausgestrahlten Contergan-Spielfilmes und einer nach mehr als zwei Jahren abgeschlossenen Conterganstudie des Gerontologischen Institutes der Universität Heidelberg, eine Erhöhung der „Conterganrenten“ zu erzielen, die vielem gerecht wird und doch noch Lücken lässt, so z.B. bei heute erst anerkannten Contergangeschädigten, die keine rückwirkende Entschädigung erhalten. Um diese Anpassung der Conterganrenten zu erzielen waren begleitend über mehrere Jahre einige Conterganverbände, so auch das HICOHA an diversen Aktionen, Demonstrationen und politischen Aktivitäten beteiligt. Das HICOHA forderte stets eine gerechte Entschädigung, die den Opfern des Contergan-Skandals ein selbstbestimmtes Leben in Teilhabe und Würde erlaubt.

Ferner beteiligte und beteiligt sich das HICOHA am Aufbau eines europäischen Online Portals namens „DysNet“, dessen Ziel es ist, Menschen in Verbindung zu bringen, die persönlich oder beruflich durch Fehlbildungen von Gliedmaßen (Dysmelie) betroffen sind. Das Wissen aus dem Schicksal der durch den Contergan-Skandal Betroffenen, also auch der wenigen Fachärzte und der Angehörigen, soll so allen ähnlich betroffenen Menschen mit Gliedmaßen-schädigungen (Dysmelie) künftig in Form einer Online Community mit einem Expertennetzwerk zur Verfügung gestellt werden.

53 Jahre Hilfswerk für Contergangeschädigte e.V. ist zum einen eine Erfolgsgeschichte mit Blick auf die integrative und intensive Zusammenarbeit der Eltern, der Betroffenen selbst und vieler sozial engagierter Menschen und Organisationen in Hamburg, zum anderen aber immer noch ein notwendiges Sprachrohr für die seit über 50 Jahren nicht gelösten Fragen in den Bereichen Heil- und Hilfsmittelversorgung, Entschädigungen und Alters-Absicherungen.

So konnte zum Beispiel dank einer im Februar 2013 gegründeten Initiative des HICOHA in Hamburg im Oktober 2014 das erste Interdisziplinäre Medizinische Netzwerk für Contergangeschädigte mit „Contergan-Sprechstunden“ durch die Schön-Klinik in Hamburg-Eilbek offiziell ins Leben gerufen werden. Dieses Projekt hat Pilotcharakter auch für andere Menschen mit Behinderungen und seltenen Erkrankungen und ist einzigartig in Deutschland und in Europa.

Wir wünschen nun viel Spaß beim weiteren Stöbern, Lesen, Recherchieren und freuen uns über Feedbacks.

Der HICOHA-Vorstand & Webmaster